Textil- und Flächendesign
English
AFFECTIVE WALLS, WS 20/21
SZENARIO
Aufgrund ständig mutierender Super-Corona-Viren be- findet sich die Welt seit 20 Jahren in einem Ausnahme- zustand, der mittlerweile zum Alltag geworden ist. Das Verlassen der eigenen Wohnung ist streng reglementiert. Einen öffentlichen Raum gibt es nicht mehr, alles findet zuhause statt. Lebensmittel und andere Güter werden von Drohnen geliefert. Gearbeitet wird bis auf wenige systemrelevante Berufe im Homeoffice. Die Außenwelt ist fast nur noch durch das Fenster wahrnehmbar.
Ziel dieser Maßnahmen ist, die Infektionsrate niedrig
zu halten und so die allgemeine physische Gesundheit zu schützen. Gleichzeitig haben sich ihre psychischen Folgen aber verfestigt. Ein Großteil der Menschen leidet an Depressionen, und trotz erstklassiger medizinischer Versorgung und ausgewogener Ernährung gibt es eine hohe Anfälligkeit für Krankheiten. Auch die Suizidrate steigt kontinuierlich.
Das Hauptproblem liegt im Mangel an realem sozialen Kontakt. Daher sind viele auf Virtual Reality umgestiegen. Hier gibt es die Möglichkeit, andere Orte zu besuchen und mit anderen Menschen fast so wie im realen Leben zu kommunizieren. Sogar Berührungen können durch Sensoren simuliert werden. Allerdings weiß man nie, ob sich auf der anderen Seite auch wirklich eine Person oder ein Bot befindet und welche Reaktion tatsächlich stattfindet.
Eine Folge dieser kompletten Verschiebung der Kommunikation in den digitalen Raum ist eine Dissoziation vom eigenen Körper. Körperliche Bedürfnisse erscheinen eher lästig und sind immer schwerer einordbar. Die Selbstwahrnehmung verliert sich in der Wandelbarkeit der digitalen Identität und dem Ausbleiben unmittelbarer Reaktionen von Anderen.
KONZEPT
Affective Walls ermöglicht emotionale Kommunikation ohne physische Begegnung. Durch die Visualisierung von Gefühlen über Wände wird eine Verbindung zwischen Außenwelt und Innenwelt geschaffen. Um den Gefühlszustand einer Person zu bestimmen, werden unauffällig und kontinuierlich die Mimik erfasst und Vitaldaten erhoben. Dies geschieht mittels in Wearables integrierten Sensoren und Mikrokameras. Ein eigens entwickelter Algorithmus wertet diese Informationen aus und ermittelt ein Emotionsbild. Dieses wird kodiert und an einen Mikrocontroller in der Wand gesendet.
Die vom Mikrocontroller gesteuerten Motoren können die Erscheinung der Fassade auf vielfache Weise verändern, die Wand wird lebendig. Jedes mögliche Emotionsbild ist in eine visuell passende Oberflächenstruktur und Färbung übersetzbar, welche vom Betrachter intuitiv gelesen werden kann. Die Fassade verändert sich so
je nach Gefühlszustand der Person, visualisiert deren Emotionen und vermittelt sie nach Außen. Die persönliche Sphäre tritt in den öffentlichen Raum über. Auch ohne Kontakt wird emotionaler Ausdruck und Empathie ermöglicht.
Gerade in der jetzigen Zeit der Distanz könnte ein solches Medium eine gefahrlose Nähe schaffen. Eine Anwendung wäre auch im Bereich dissoziativer Störungen denkbar oder um ein Stimmungsbild von Gemeinschaften zu zeichnen.