Textil- und Flächendesign
English
CULTURE CLASH , WS 20/21
SZENARIO
Im Jahr 2220 hat sich die Erde aufgrund des Klimawandels extrem erwärmt. In vielen südlichen Regionen wie Afrika, Südamerika und Teilen Asiens ist das Leben unerträglich geworden. Naturkatastrophen, verdorrte Böden, Hungersnöte ... eine erträgliche Zukunft ist kaum mehr vorstellbar. Doch nicht alle sind betroffen. 50 Jahre vorher gab es eine Migrationswelle nach Sibirien. Nur wenige konnte sich das leisten. Jetzt waren es nicht die Armen der Welt, sondern die Reichen, die in den Norden strömten, um in dieser klimatisch angenehmen Region eine neue abgeschottete Wohlstandsgesellschaft aufzubauen.
In dieser kommen Menschen verschiedenster Herkunft zusammen. Als Eliten haben sie ihre ursprüngliche geo- graphische Verwurzelung zwar verloren, aber nicht ihre kulturellen Traditionen. Sie pflegen sie bewusst weiter und setzen sie gleichzeitig in Dialog mit den anderen Mitgliedern der neuen Gesellschaft. Es gibt sowohl Phänomene, in denen sich die Traditionen vermischen als auch solche, in denen sie annähernd in Reinform erhalten bleiben. Es entsteht ein gemeinsames Verständnis einer erweiterten kulturellen Identität, in der das jeweils Eigene bewahrt aber auch in Austausch mit dem Anderen treten kann.
Allerdings hält diese Offenheit nicht lange an, und eine gesellschaftliche Rückentwicklung setzt ein. Es bilden sich Adelshäuser, neue Eliten, die die Regeln des öffentlichen Lebens zunehmend bestimmen. Sie über- nehmen nicht nur die Schaltstellen der Macht, sondern setzen sich vom ‚Volk‘ auch äußerlich ab, wie in einer feudalen Ständegesellschaft.
Eines ihrer Privilegien besteht darin, in der Öffentlichkeit ihre traditionellen Muster zu tragen und zur Schau stellen zu dürfen, um so ihre gesellschaftlichen Rang zu demonstrieren. Wer nicht dem Adelsstand angehört, muss sich dagegen mit unifarbenen Kleidungsstücken zufriedengeben, auch wenn das Bedürfnis nach traditionellen und hybriden Mustern sehr verbreitet ist.
KONZEPT
In einer solchen Situation der kulturellen Unterdrückung entwickeln sich fast unweigerlich subversive Gegenstrategien. Wie lässt sich die Kontrolle unterlaufen und der kreative Umgang mit Mustern weiter praktizieren? Wie finden auch die Nicht-Privilegierten Möglichkeiten, ihre eigenen Traditionen und Emotionen zum Ausdruck zu bringen?
Hier kommt ein einfacher Trick zur Anwendung, der früher nur als Ausdruck persönlicher Exaltiertheit praktiziert wurde: die Kleidung wird auf Links gedreht, die Muster verschwinden auf der Innenseite und bleiben von außen unsichtbar. Im privaten Umfeld kann sie dann nach außen gewendet und anderen offenbart werden, die Einheit der Uni-Farben verwandelt sich wieder in eine Vielfalt der Muster und wird Ausdrucksform persönlicher Identitäten.
Das versteckte Tragen, der mit Traditionen und Emotionen verbundenen Muster in der Öffentlichkeit, gibt den Menschen das Gefühl von Sicherheit.
Durch das geteilte Wissen entsteht ein ‚Geheimbund‘. Dadurch bestärkt, bewegt sich das ‚Volk‘ selbstbewusster im öffentlichen Raum. An diesem Punkt, könnte man einen Vergleich zu einem Talisman ziehen. Versteckt, dicht an der Haut, spürt man immer die Präsenz der Muster, Stickereien und Fäden. Geschaffen wird ein geborgenes und gleichzeitig erhabenes Gefühl.
Inspirationsquelle für die Muster sind sowohl Vergangenheit als auch Gegenwart.
Aufgrund verschiedener kultureller Einflüsse, entstehen Kleidungsstücke, welche sich unterschiedlicher Stile, Muster, Formgebungen, Farben und Techniken bedienen. Die Muster und Stickereien werden auf spielerische Weise kombiniert und versteckt.