Textil- und Flächendesign
English
Radical Futures, WS20/21
RADICAL FUTURES
What does your future look like?
Vor einiger Zeit riefen Geologen ein neues Erdzeitalter aus, das Anthropozän. Eine Epoche, in der entscheidende Veränderungen nicht mehr von der Natur ausgehen, sondern vom Menschen. Er ist zum wichtigsten Einflussfaktor der biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse der Erde geworden. Er gestaltet die Welt, ihre Oberfläche, ihre Bausteine. Er begnügt sich nicht damit, Spitze der Schöpfung zu sein, sondern hat sich selbst zum Schöpfer gemacht. Doch wie geht es weiter? Wird die Natur sich vor seinem Einfluss schützen und den Entwicklungen anpassen können? Oder wird er selbst Wege finden, wieder ein Gleichgewicht zwischen seinem Handeln und seiner natürlichen Umwelt herzustellen?
Das Fachgebiet Textil- und Flächendesign an der weißensee kunsthochschule berlin ist dieser Frage mittels Spekulativem Design nachgegangen. Ziel war, eine utopische oder dystopische Zukunft ins Auge zu fassen und ästhetische und funktionale Flächen, Materialien und Konzepte für eine neue, noch fiktionale Lebenswelt zu entwickeln. Dabei spielten Begriffe wie Schutz, Bewahrung, Transformation, Auflehnung und Anpassung im Wechselverhältnis von Mensch und Umwelt eine zentrale Rolle. Das Semesterprojekt entwickelte sich zu einer dreiteiligen Entdeckungsreise:
In der ersten Etappe widmeten wir uns bereits existierenden Zukunftsprognosen- und -Szenarien, unter anderem mit einem Besuch
im FUTURIUM, in dem vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen bereits die tiefgreifenden Transformationen der näheren Zukunft sichtbar gemacht werden. Die Aufgabe bestand darin, diese Perspektiven weiterzudenken und in einem persönlichen Science-Fiction-artigen Zukunftsszenario auszumalen.
Dieses bildete die Folie für den eigentlichen Entwurfsprozess in der zweiten Etappe, in dem genauer untersucht wurde, wie Menschen und Natur in einer neuen Wirklichkeit miteinander interagieren und welche Flächen, Materialien und Objekte hier eine Rolle spielen. Es entstanden funktionale Flächen, die prototypische Lösungsansätze, für die Zukunft zeigen, und ästhetische Conversation Pieces, die die Thematik visualisieren und vorausdenken. Lösungen für die Zukunft zu finden implizierte dabei auch oft den Umgang mit Ressourcenknappheit und die Notwendigkeit von Reparatur oder Ausgleich schon beschädigter Funktionszusammenhänge.
In der letzten Etappe ging es um die Visualisierung der Materialien und Objekte. Dazu arbeiteten wir mit der Neuen Schule für Fotografie und deren Studierenden zusammen, um die entwickelten Materialien, Oberflächen und Objekte fotografisch-futuristisch in Szene zu setzen.
Das gesamte Semester fand bis auf wenige Ausnahmen im Corona-bedingten Modus der Online-Lehre statt. Denkbar, dass diese hoffentlich nicht zur Normalität werdenden ‚futuristischen‘ Bedingungen des Design-Studiums auch die Radikalität der entstandenen Projekte mit gefördert haben.