Textil- und Flächendesign
English
Scaling Fiber: Experimental Yarn, SS 21
DXM/ MoA Design Research Studio „Scaling Fiber - Experimental Yarns”
Das MoA Design Research Studio “Scaling Fiber” arbeitet in Kooperation mit Forschenden des Research Clusters "Matters of Activity" ( www.matters-of-activity.de ) und dem Sächsischen Textilforschungsinstitut ( www.stfi.de ) an der Schnittstelle von gestalterischem Experiment und praktischer Umsetzung. In einem transdisziplinären Austausch mit Architektur, Textiltechnik, Material- und Kulturwissenschaft diskutieren wir Konzepte für nachhaltige Design- und Bauelemente.
Der Architekt und Theoretiker Gottfried Semper verknüpfte bereits im 19. Jahrhundert Textil mit Architektur und beschreibt die Raumumfassung als textilbasierte Konstruktion - als “Wand”, die Raum umfängt wie Gewand den Körper. Wir übertragen die Idee des architektonischen Textils auf seinen zentralen Bestandteil: das Garn. Skaliert vom Mikro-Maßstab auf den Makro-Maßstab, interpretieren wir Textil als strukturelles Gerüst. Wir betrachten hierfür Mantel- bzw. Hybridgarne, die aus unterschiedlichen Materialkomponenten zusammengesetzt sind. Durch ihre Materialität und Form entstehen neue Fügungsmöglichkeiten, Eigenschaften und Funktionalitäten.
Die Konzeptphase des Semesters wurde in 3 Themenwochen gegliedert, um skalierte “Garne” zu entwickeln: Umwelt, Material, Fügung. In der vierten Phase wurden daraus drei verschiedene Flächengebilde entwickelt. Zudem wurde gemeinsam mit den Studierenden des Bauhaus 4.0 Projektes im Rahmen eines Workshops mit robotikgestützter Garn- und Flächenerstellung experimentiert.
Die im Projekt entstandenen "architektonischen Garne" sind flexible, lineare Bauelemente von mehreren Zentimetern Durchmesser, die je nach Füllung und Ummantelung unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Sie können durch die textile Verarbeitung immer wieder neu zu räumlichen Gebilden konfiguriert werden. Geometrie und Materialität der Füllung und der Ummantelung werden je nach Einsatzzweck und gewünschter Fügungsart gestaltet und angepasst. So lässt sich das Garn analog "programmieren". Die Füllung besteht aus loser Erde, Recyclingwolle oder Alttextilien, die durch die Ummaschung zu einem Strang gebunden werden. Die Flächenfügung erfolgt aus der Logik des Materials heraus - durch Verwurzeln, Filzen oder Knüpfen. Für das Bauen mit textilem Garn ist kein Klebstoff, Mörtel oder Kunstharz nötig, die Einzelteile lassen sich leicht wieder trennen und ggf. weiternutzen.
Erdgarn – Bestehend aus Erde, mit unterschiedlichen Samen versetzt und mit abbaubarem Vlies und Baumwollgarn ummantelt. Innenliegende, textile Kapillarstränge übernehmen die Bewässerung. Das Garn hat die Eigenschaft, seine Struktur mit der Zeit zusammenwachsen zu lassen. Diese kann hängend oder stehend im architektonischen Kontext eingesetzt werden. Dabei spielt der Zeitfaktor eine große Rolle: Pflanzen wachsen und verändern die Erscheinung. Mit fortlaufender Zeit stabilisieren die entstanden Wurzeln die Fläche an den verflochtenen Stellen. Das Garn kann im Aussenraum als temporäre, verwachsende Wand oder im Innenraum zur Klimaverbesserung eingesetzt werden.
Textilgarn – Gefüllt mit Textilreißfasern, gröberen Textilresten oder jedem anderen groben Textilabfall, nutzt dieses Garn die Weichheit und Beweglichkeit seiner Füllstoffe. Ummantelt mit Vlies, Baumwoll- und Gummigarn kommt Flexibilität mit Stabilität zusammen, eine Gradierung des Querschnittes ist durch die Umschnürung möglich. Nicht gefüllte Abschnitte, die als konstruktive Knickstellen genutzt werden, bilden zusammen mit den gefüllten, weichen Abschnitten eine geometrische Programmierung für die Konstruktion. Die Garne können vielfältig miteinander verbunden werden, sodass aus ein und demselben "Garn" unterschiedliche räumliche Elemente gebaut und immer wieder rekonfiguriert werden können – von der Matratze bis zum Sitzkissen.
Wollgarn - Aus Schafwollfasern bestehend, lassen sich dichte, strangförmige und zugleich weiche Strukturen erzeugen, die zum Berühren und Kuscheln einladen. Als dreidimensionale Gelege entstehen wandartige Elemente, die durch partielles Verfilzen der Wollfasern stabile Verbindungen generieren - völlig ohne zusätzliche Verbindungsmittel. Dichte und Offenheit der Struktur können je nach textiler Verknüpfung frei gestaltet werden. Es sind hängende und freistehende Elemente möglich, die im Innenraum die positiven Eigenschaften der Naturwolle wie akustische Dämmung oder Feuchtigkeitsregulierung nutzen.
Entwurfsprojekt IV, FG Textil- und Flächen-Design,
Betreuung Prof. Christiane Sauer, Ebba Fransén Waldhör & Maxie Schneider
In Kooperation mit Exzellenzcluster Matters of Activity, HU Berlin: Dr. Bastian Beyer, Iva Resetar, Dr. Michaela Eder, STFI Chemnitz: Dr. Heike Illing-Günther