Textil- und Flächendesign

LOVE TO REMIND, WS 20/21

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  • SZENARIO Die Stadt ‚Diese Stadt‘, man möchte ihr diesen Titel fast nicht zusprechen, ist sie doch so viel mehr und auch weniger als dies. Vielleicht ist sie eher eine Ruine. Die Ruine einer einst so prächtigen Zeit. Eines Zeitalters, das so voller Glanz und Vollkommenheit, so anders, so gewaltig gewesen sein muss, dass es sich unserer Vorstellungskraft entzieht. Nein, man kann es nicht in Worte fassen, es weicht unserem Verstand so endgültig aus und doch sie, sie hält uns hämisch diesen Spiegel der Vergangenheit vor. Mit ihren Häusern die fast schon organisch wirken, wie gigantische Pflanzen die zu hoch wuchsen, im unerbittlichen Kampf um die letzten Strahlen der Sonne, bevor sie all ihr Leben verloren und heute nur noch staubige graue Skelette sind. Diese Art wie der Wind so geisterhaft durch ihre Labyrinthe verlassener Flure und Treppenhäuser pfeift. Ihre Fenster sind dunkle Höhlen. Sie wachsen vor einem in die Höhe bis sie aneinander stoßen und fallen einem zu den Füßen in ungeheure Tiefen hinab. Diese verknoteten Häuser, so verknotet sind sie, dass ich mich vielleicht irre und, um so nah an der Wahrheit zu bleiben wie es mir möglich ist, von ihnen im Singular sprechen müsste. Ja vielleicht ist es dies, dass dieser Ruine den Titel ‚Stadt abspricht. Es scheint nur noch ein Haus zu sein. Verwachsen über die Jahrhunderte.
    Wer hier lebt, und noch beherbergt dieser verfluchte Ort uraltes Leben, ist ein letzter Nachkomme dieser altehrwürdigen Zeit. Das Anthropozän ist vergangen, der Mensch mit seiner einstigen Vormachtstellung gehört ebenso dieser alten Vergangenheit an wie die Lebewesen aus denen er entstand. Vertrieben von einer größeren, dunkleren Macht die von dort kommt, nun wer weiß schon eigentlich woher. Dieses neue Zeitalter weist dem Menschen und seinen Artverwandten nur eine unbedeutende Rolle zu, am Rande eines Geschehens, das sie selbst nie werden durchschauen können, bevor sie sich in absoluter Unbedeutsamkeit auflösen. Sie sind unwichtig geworden für eine Erde, einen Planeten der so anders ist als der den sie kurz beherrschten. Nun fristen sie also ihr Dasein als antike Statisten. Die Dickköpfigkeit und der Starrsinn ist ihnen erhalten geblieben. Wenn ich sie so gleichgültig wie möglich beurteile, ganz so als wäre ich nicht selbst eines dieser alten Relikte, dann kann ich nicht verstehen, wie diese Lebewesen so viel Schönheit und Wissen besitzen noch wie sie so viel Zerstörung in sich tragen können. Eine vom Aussterben bedrohte Art. Kaum einer von ihnen scheint es zu wissen, viele schenken den Geschichten keine Aufmerksamkeit. Sie glauben nicht an die alten Sagen vom einstigen Pracht und Glanz der Menschheit, und hätte ich nicht Beweise die mir, so glaube ich, die vollkommene Wahrheit offenbarten, würde ich sie eben- falls für unwahrscheinlich halten. Doch diese Beweise scheinen mir so eindeutig und endgültig, dass mir nichts anderes übrig bleibt als ihnen vollständig Glauben zu schenken. Die alten Bücher, gefüllt mit Schriftzeichen, die sich mir nur in vereinzelten Fragmenten offenlegen, sind so gezielt und genau in ihren Darstellungen. Was für ein endgültiges Grauen überkommt mich, wenn ich vermute, was sonst sie verfasst haben könnte, wenn nicht Vertreter unserer Art.
    Ich glaube einen Blick zu erhaschen durch den Vorhang der Zeit. Geblieben sind Wir in dieser Ruine zwischen all den dunklen Häusern, deren Herkunft wir nur erahnen. Wir leben noch ein bisschen. KONZEPT
    Love to remind you: To think about our future Zukunft. Wenn man über die Zukunft sprechen will, muss man sich auch gegenüber der Vergangenheit und der Gegenwart positionieren, um verstanden werden zu können. Das möchte ich an dieser Stelle tun. Denken wir uns die Dimension der Zeit in einer geraden Linie, dann ist der Startpunkt der Anfang der Vergangenheit und der Endpunkt das Ende der Zukunft. Die Vergangenheit ist die Identität des Lebens und die Zukunft ist das Ende des Lebens. Die Gegenwart ist die Linie selbst, anders gesagt: die Wahrnehmung liegt in der Gegenwart. Spreche ich also von Zukunft meine ich eigentlich eine fiktive Gegenwart aus der man in die Vergangenheit blickt. Nachdem dies gesagt ist, kann nun nachvollzogen werden, dass gerade dieser subjektive Blick Zurück die Grundlage meiner Semesterarbeit darstellt. Und jede Idee der Zukunft ist subjektiv. Es geht darum Geschichten zu erzählen. Geschichten über uns selbst, denn egal welche Zukunft, wir liegen immer in ihrer Vergangenheit. Lässt man jedoch nicht die Menschen sprechen, dann reden die Objekte, die uns umgeben. Objekte haben seit jeher eine erzählerische Macht über den Menschen. Diese sei hier spielerisch ausgenutzt. Zu Beginn dieser Semesterarbeit entstand eine Idee von der Zukunft. Sie sei bloß ein gedanklicher Anstoß, ob nun konkret erzählt oder unkonkret erahnbar. Sie ist gleichfalls ein Teil meiner Art zu erzählen. Diese spiegelt sich unweigerlich auch in den Objekten wider, in ihrer Form, ihrem Erscheinen.

    SCENARIO

    The city

    'This city', you almost don't want to give it that title, it is so much more and also less than that. Perhaps it is more like a ruin. The ruin of a once so splendid time. Of an age that must have been so full of splendor and perfection, so different, so vast, that it defies our imagination.

    No, it can't be put into words, it evades our minds so definitively, and yet she, she
    holds up this mirror of the past to us with a sneer. With its houses that seem almost organic, like gigantic plants that grew too high, in the relentless struggle for the last rays of the sun, before they lost all their life and are now only dusty gray skeletons. This way the wind whistles so ghostly through their labyrinths of abandoned corridors and staircases. Their windows are dark caves. They grow up in front of you until they butt up against each other and fall down at your feet into immense depths.

    These knotted houses, so knotted are they that perhaps I am mistaken and, in order to stay as close to the truth as I can, would have to speak of them in the singular. Yes perhaps it is this that denies this ruin the title 'city. It seems to be only a house. Overgrown over the centuries.

    Whoever lives here, and this cursed place still harbors ancient life is a last descendant of this venerable time. The Anthropocene has passed, man with his former supremacy belongs to this ancient past as well as the creatures from which he emerged. Driven out by a bigger, darker power that comes from there, well who knows actually from where. This new age assigns to man and his kind only an insignificant role, at the edge of an event, which they themselves will never be able to see through, before they dissolve in absolute insignificance. They have become unimportant for an earth, a planet that is so different from the one they briefly ruled. So now they eke out their existence as ancient extras. The stubbornness and the obstinacy has remained to them. If I judge them as indifferently as possible, as if I were not myself one of these ancient relics, then I cannot understand how these creatures can possess so much beauty and knowledge, nor how they can carry so much destruction within them.

    An endangered species. Hardly any of them seem to know, many do not pay attention to the stories. They do not believe in the old tales of the former glory and splendor of mankind, and if I did not have evidence that, I believe, revealed to me the perfect truth, I would consider it equally improbable. But these proofs seem to me so clear and final that I have no other choice but to believe them completely. The old books, filled with characters, which reveal themselves to me only in isolated fragments, are so purposeful and exact in their representations. What a final horror comes over me when I suspect what else could have written them, if not representatives of our kind.

    I think I catch a glimpse through the curtain of time. We have remained in this ruin among all the dark houses whose origins we can only guess. We still live a little.

    CONCEPT

    Love to remind you: To think about our future

    Future. If you want to talk about the future, you also have to position yourself in relation to the past and the present in order to be understood. That is what I would like to do at this point. If we think of the dimension of time in a straight line, the starting point is the beginning of the past and the ending point is the end of the future. The past is the identity of life and the future is the end of life. The present is the line itself, in other words, perception is in the present. So when I speak of future I actually mean a fictitious present from which one looks into the past.

    Having said this, it can now be understood that it is precisely this subjective look back that forms the basis of my term paper. And every idea of the future is subjective. It is about telling stories. Stories about ourselves, because no matter what the future is, we are always in its past. But if you don't let the people talk, then the objects that surround us talk. Objects have
    have always had a narrative power over people. This is playfully exploited here.

    At the beginning of this term paper, an idea of the future emerged. It is merely a thought-provoking impulse, whether concretely told or inconcretely imagined. It is likewise a part of my way of telling. This is inevitably also reflected in the objects, in their form, their appearance.

    TEILNEHMER*INNEN
    Zäzilie Schilling, photos: Lisa Martini
    BETREUUNG
    Christian, Frank Müller, Paula van Brummelen, Ben Chislett, Julia Danckwerth, Sara Diaz Rodriguez, Essi Johanna Glomb, Daniel Hofer, Andreas Kallfelz, Nora Klein, Julia Marquardt, Fabian Neumüller, Sandra Nicoline Nielsen, Pablo Zuleta
    PROJEKTKATEGORIE
    Semesterprojekt im Hauptstudium
    FACHGEBIET
    Textil- und Flächendesign
    TAGS
    Design Research
    Übergeordnetes Projekt
    Radical Futures – What does your future look like?
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